Forschen in alten Kirchenbücher

08.04.2024

Der heutige Bürger besitzt auf seine Person bezogen verschiedene Dokumente die seiner Identifikation bei verschiedenen Anlässen oder bei Behörden dienen, in der Regel sind das Personalausweis oder Reisepass, zum Fahren eines Kfz benötigt man dann einen offiziellen Führerschein. Hat man die Absicht eine Ehe einzugehen braucht man schon weiterführende Unterlagen, in diesem Falle eine Geburtsurkunde und eine Abstammungsurkunde. Beides bekommt man auf dem Standesamt bei den städischen Behörden. In diesen Urkunden findet man im Normalfall Angaben über die Eltern und Großeltern.

Will man nun aber etwas mehr über seine Herkunft erfahren, oder gar einen über mehrere Generationen zurückreichenden Familienstammbaum erstellen, wird man bei den städt. Behörden nur bis zum Jahre 1876 forschen können. Am 1. Januar 1876 wurde per Gesetz die Beurkundung des Personenstandes im ganzen Deutschen Reich eingeführt. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die familienbezogenen Bücher wie Geburten, Ehen und Sterbefälle bei den ev. und kath. Kirchenämter geführt.

Seit ca. 100 Jahren werden diese Dokumente maschinell erstellt, also Schreibmaschine, später Computer, in den Zeiten davor wurde alles per Hand in Schreibschrift dokumentiert. Und hier wird dann die Ahnenforschung interessant oder aber auch schwierig. Einerseits muß man sich in verschiedene Schriftarten einarbeiten, und zum anderen wird der Informationsgehalt der Dokumentationen immer dürftiger, bis zum Weglassen im 18. Jahrhundert des Nachnamens der Kindesmutter. 

So ist z.B. in den Geburtenbücher erst ab dem Jahre 1784 der Familienname der Kindesmutter (der Nachname der Frau vor der Eheschließung) verzeichnet, während davor lediglich der Vor- und Zuname des Vaters und der Vorname der Mutter eingetragen ist, und zusätzlich noch der Geburtsort. Sonst sind keine weiteren Angaben vorhanden, also auch nicht Angabe der Großeltern des Neugeborenen, oder Hausnummern etc. 

Zusätzlich hat man es mit einer geringen Fehlerquote der damaligen Schreiber und sonstigen Unbilden früheren Zeiten zu tun, daneben sind im Laufe der Zeit verschiedene Dokumente durch Alterung teilweise nicht mehr lesbar oder ganz verloren gegangen. 

So ist es dann ratsam, neben dem Auswerten der Kirchenbücher (Geburten- oder Tauf-, Heirat- und Sterbebücher) auch die Grund- und Schöppenbücher heranzuziehen, denn hier sind teilweise Familienstrukturen beschrieben, die man für seine Forschungen verwerten kann. 

In der Tschechischen Republik wurden in der Nachkriegszeit, nach dem Jahre 1945 und nach dem Abtransport der deutschen Bevölkerung, die verbliebenen Akten und Dokumente organisatorisch auf die Staatlichen Archive (Státní archiv) und Kreisarchive (Státní okresní archiv) verteilt. Für den früheren Kreis Hohenelbe sind das die Archive in Trutnov und Zámrsk. Im Archiv Trutnov wird das Aktenmaterial des Stadtamtes Hohenelbe verwaltet, und im Archiv Zámrsk die Akten des Herrscherhauses (Velkostatek) von Morzin.

In den Umbruchszeiten des Jahres 1945 ist eine gewisser Anteil der Unterlagen verlustig gegangen, die Gründe dazu sind anderweitig dokumentiert. 

Im Kreisarchiv Trutnov (Státní okresní archiv Trutnov) sind die Dokumente und Akten des früheren Kreises Hohenelbe deponiert und zur Einsichtname für die Öffentlichkeit katalogisiert. Hierzu zählen unter anderem die Dokumente der Behörden, die Gemeinde- und Stadtakten, Unterlagen von Schulen und Kirchen, und sonstige öffentliche Körperschaften. 

Im Staatl. Archiv Zámrsk, heute Staatliche Archiv in Hradec Králové, Abteilung Zámrsk (Státní oblastní archiv v Hradci Králové, oddělení Zámrsk), sind neben den Kirchenbüchern auch Grundbücher vorhanden, daneben Gerichtsakten, Kartenmaterial und sonstige Unterlagen.

Die Kirchenbücher im Archiv Zámrsk sind nahezu vollständig digitalisiert und via Internet abrufbar, vom Archiv Trutnov ist nur eine geringe Anzahl von Grund- und Schöppenbücher digitalisiert worden, die über die Webseite "familysearch.org" eingesehen werden können.

Das Archiv Zámrsk befindet sich etwa 30 km südöstlich von Pardubice im gleichnamigen Ort Zámrsk, an der Strecke Nürnberg, Pilsen, Prag und Pardubice, während das Archiv Trutnov am östlichen Ausläufer des Riesengebirges in der Stadt Trutnov liegt.

Über die dafür vorgesehenen Findbücher in den Archiven kann man sich die entsprechenden Bücher oder Unterlagen aussuchen und diese werden dann von den Archivangestellten zur Verfügung gestellt. Hier ist auf die jeweilige Archiv-Ordnung zu achten.

Hat man nun so ein Originalbuch vor sich auf dem Tisch liegen, ist es ratsam das Buch erst einmal durchzusehen, damit man einen Überblick bekommt, wie der damalige Schreiber die Bücher geführt hat.

So ist beispielsweise die Seitennummerierung nicht einheitlich. Einmal hat man eine fortlaufende Angabe der Seitenzahl, wobei nur die rechte Seite eine Nummerierung aufweist. Hier wird nämlich nicht die Seitenzahl angezeigt, sondern die Nummer des Folio, kommt von lateinisch Folium und heißt Blatt. Begonnen wird die Nummerierung mit der rechten Seite als Blatt Nr. 1, nach dem Umblättern hat die linke Seite keine Nummer, da sie die Rückseite von Blatt 1 oder Folio 1 ist. Die rechte Seite trägt dann die Nummer 2, also Blatt- oder Folio-Nummer 2. Im zweiten Fall hat man beim ersten Blatt eine Seitenzahl, aber die nächsten Seiten weisen keine Nummerierung auf. Diese Seiten sind dann eine Fortsetzung des ersten Blattes und stellen die Beschreibung des jeweiligen Verkaufsobjekt dar. Danach kommt die Seitenzahl Nr. 2 mit einigen nicht nummerierten Seiten, dann Nr. 3, usw. Die Seitenzahlen entsprechen auch keiner Hausnummer (CN=Conscriptions-Nummer), sondern sind eben die fortlaufende Seitennummerierung oder die Seitenangabe des Vertragsobjektes.

In einigen dieser Bücher befindet sich, bei manchen gleich am Anfang, ein Indexverzeichnis der aufgeführten Personen, in den Kaufkontraktbüchern häufig nur der Name der Käufer. Diese Indexverzeichnisse sind nicht einheitlich alphabetisch nach den Nachnamen sortiert, sondern bei manchen wurde der Vorname für die Sortierung verwendet.

Aufgrund den bisherigen Erfahrungen beim Auswerten von Kirchen- und Grundbüchern kann man folgende Punkte festhalten:

1. Für das Erstellen eines Familienstammbaumes reicht eine Online-Recherche aus.

2. Forschungen ab dem Jahre 1800 sind relativ einfach durchzuführen.

3. In den Geburtenbücher von Hohenelbe ist in den Jahren 1653 bis 1784 der Familienname der Kindesmutter  nicht vermerkt.

4. In den Geburtenbücher von Langenau sind in den Jahren 1600 bis 1611 keine Angaben zur Kindesmutter eingetragen, danach bis zum Jahre 1788 nur der Vorname der Kindesmutter.

5. Vor dem Jahre 1800 sollten, wie oben beschrieben, weitere Dokumente ausgewertet werden.

6. Will man tiefer in die Familiengeschichte einsteigen, also Forschungen zur wirtschaftlichen Situation der Vorfahren etc, ist ein Archivbesuch in den beiden genannten Archiven notwendig.

7. Als Hilfsmittel bieten sich 2 Bücher an:

  • "Wörterbuch zur Familien- und Heimatforschung in Bayern und Österreich" Reinhard Riepl
  • "Mittellateinisches Glossar " E. Habel / F. Gröbel

Autor: Elmo Häufle